Was steckt hinter dem Konzept des Waldbadens?
Waldbaden hat nichts mit einem Spaziergang durch den Wald in Bikini oder Badehose zu tun. Es geht um ein Naturerlebnis der besonderen Art.
Alles über die Entstehung von "Shinrin Yoku"
Shinrin Yoku, so die japanische Bezeichnung für das Waldbaden, bedeutet so viel wie „ein Bad in der Atmosphäre des Waldes nehmen“. Es geht darum, sich intensiv auf die Natur einzulassen und den Wald mit allen Sinnen wahrzunehmen. Vom Blätterrauschen, dem Gefühl von Rinde unter den Fingern bis hin zum Geruch von feuchtem Moos – der Wald steckt voller Eindrücke und es gibt viel zu entdecken.
Bereits 1982 beschäftigten sich die Japaner im Rahmen einer Waldschutzkampagne mit der Frage, wie die Menschen dazu gebracht werden, mehr Zeit in der Natur zu verbringen. Das „Baden“ hat im Japanischen eine etwas weitläufigere Bedeutung als in unserem Sprach- und Kulturraum. Damit ist neben der Körperreinigung vielmehr auch eine heilende Prozedur gemeint, die Körper und Geist in Einklang mit der Natur bringt. Japan ist sozusagen die "Wiege des Waldbadens". Inzwischen gibt es dort mehr als 70 offizielle Heilwälder.
Aber auch in Mitteleuropa beschäftigte man sich früh mit den heilenden Kräften der Natur. Sebastian Kneipp entdeckte im 18. Jahrhundert die positive Wirkung von kalten Bädern und empfahl nach dem „Kneippgang“ einen Waldspaziergang.
Wie wirkt "Shinrin Yoku"?
Zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse belegen die positive Wirkung von Shinrin Yoku auf unsere Gesundheit. Shinrin Yoku als ganzheitliche Methode fördert den Stressabbau, stärkt das emotionale Wohlbefinden und unser Nerven-, Hormon- sowie Immunsystem.
Wie genau wirkt nun ein Waldbad auf körperlicher Ebene?
- Bereits nach einer halben Stunde Waldaufenthalt kommt es zu verminderten Stressreaktionen, da unser Nervensystem positiv beeinflusst wird. Der Parasympathikus, der für die Entspannung im Nervensystem zuständig ist, wird aktiviert. Im Gegenzug nimmt die Aktivität des Sympathikus ab, der in stressigen Situationen "anspringt". Auch auf hormoneller Ebene tut sich einiges: Die Konzentration der Stresshormone wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol im Blut sinken.
- Das Herz-Kreislauf-System normalisiert sich. Der Blutdruck und die Pulsfrequenz sinken. Die Atmung wird langsamer und effektiver, sodass die Lunge besser mit Sauerstoff versorgt wird. Außerdem wird unser Körper und die Organe, somit auch das Gehirn, besser durchblutet.
- Gleichzeitig fallen negative und belastende Gefühle nicht mehr so stark ins Gewicht. Beim Waldbaden bekommen wir den Kopf frei und sind offen und zugänglich für neue Impulse. Oftmals reicht bereits ein Waldspaziergang aus, um ein Problem wesentlich lösungsorientierter anzugehen.
- Die langsamen, sanften und achtsamen Bewegungen des Waldbadens führen zur Entspannung der Muskulatur. Zusätzlich wird der Stoffwechsel positiv angeregt, auch der Blutzuckerspiegel kommt ins Gleichgewicht. Waldbaden hilft auch bei Heißhunger-Attacken. Langfristig tritt eine Stärkung des Immunsystems ein, da die Produktion der Killerzellen angeregt wird, die für die Immunabwehr wichtig sind.
- Pflanzen im Allgemeinen und somit auch Bäume, kommunizieren über chemische Substanzen, sogenannte Terpene, die zu den sekundären Pflanzenstoffen gehören. Die einzelnen Moleküle enthalten Botschaften, die in der Waldluft von Baum zu Baum übermittelt werden. Beim Waldbaden treffen wir auf sämtliche bioaktive Substanzen. Terpene können wir auch als ätherische Öle, insbesondere von Nadelbäumen, riechend wahrnehmen. Wenn wir Terpene mit der Waldluft einatmen, hat dies auch einen antibakteriellen Effekt.
- Hinzu kommen die Farben des Waldes: In der medizinischen Farbtherapie wird Grün eine beruhigende, regenerierende und ausbalancierende Wirkung zugesprochen. Die Waldatmosphäre wirkt daher stimmungsaufhellend und dient auch zur Augenentspannung.
„Der Atem der Bäume schenkt uns das Leben.“
Roswitha Bloch